Arbeitertum

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Georg Büchner – Vorbild für uns

Dieser Ikone des deutschen Vormärzes wollen wir an dieser Stelle Tribut zollen. Es ist eigentlich gar nicht so lange her, als der damals 20 jährige Biologiestudent im Juli 1834 gemeinsam mit einem Freund nachts mit Botanisiertrommeln – einem speziellen Behälter für Pflanzenproben – ausgestattet heimlich durch die Straßen von Offenbach schlich, um ein inhaltlich höchst brisantes Schriftstück zu einer geheimen Druckerei zu transportieren. Er nannte das Textwerk den „Hessischen Landboten“, und würde es von der herrschenden Gewalt gefunden werden, hieße dies für Büchner zur Zeit des aggressiven Despotismus die Todesstrafe wegen Hochverrats. In der Schrift prangert Büchner die herrschenden Verhältnisse klarer an, als es jemals zuvor getan wurde. Zwar wurden schon zuvor kritische Stimmen laut, diese sind aufgrund ihrer vorsichtigen und gewählten Ausdrucksweise  jedoch kaum mit der Büchners zu vergleichen. Büchner entlarvt die Tyrannei und Dekadenz der Herrschenden in Hessen gleichermaßen, ruft die Landbevölkerung und die Handwerker zum Aufstand auf. „Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“ hieß sein Schlachtruf gegen die Obrigkeit. 

Wenige Jahre zuvor sprang der Funken bereits über. Das unterdrückte Volk begann in Teilen, sich gewaltsam zu erheben. Im hessischen Hanau verwüstet eine wütende Menge das Zollhaus mitsamt aller Akten und dem Inventar. Als sich Ähnliches auch in anderen Orten abspielte, wurden die Revolten rücksichtslos von den Regierungstruppen niedergeschlagen. Herauszustreichen ist das Hambacher Fest, auf dem sich 20.000 Studenten versammelten und nationale Freiheit und Einheit forderten. Knapp ein Jahr später stürmten militante Studenten die Polizeiwacht in Frankfurt; die Proteste scheiterten in innerhalb weniger Stunden. Es war ein typisches Beispiel für eine berechtigte Wut, die jedoch durch fehlende Ideen im Nichts verpuffen musste. Büchner sollte einer dieser entscheidenden Ideengeber sein.

Die von 1819 der Regierung in Frankfurt beschlossenen „Karlsbader Beschlüsse“ lähmten das Volk vollends in ihrer freien Meinungsäußerung. Die Herrschenden zensierten sogut wie jeden kritischen Impuls in Klang, Wort und Schrift. Es sollte lange Jahre dauern, bis dieser gesetztliche Maulkorb langsam begann, vom Volk abgestreift zu werden. Georg Büchner war einer jener mutigen jungen Kerle, die zu ihrer Zeit ebenso alleine standen, wie es heute diejenigen tun, die sich von diesem Staate und dieser Gesellschaft entfernt haben. Heute sind es weniger gesetztliche, denn moralische Maulkörbe, die das Volk erstummen lassen. Auch Büchner hatte zur Zeit des „Hessischen Landboten“ keine Bewegung, nicht einmal größere Gruppe hinter sich. Alles, was er und seine Kameraden taten, entsprang ihrer ganz persönlichen, tiefen Überzeugung.

Büchner beließ es nicht nur bei dem Verfassen von Schriften. Kurz bevor er den „Hessischen Landboten“ in den Druck gab, gründet 1834 er die „Gesellschaft für Menschenrechte“, einer freiheitlich-nationale Gruppierung, die den Staatsumsturz zum Ziel hatte. Er fand sich mit einigen wenigen Freigeistern aus allen Schichten zusammen. Die Konstellation sorgte für mehr organisatorische Möglichkeiten, hatte jedoch auch eine Konsensbildung zur Folge, die nicht Büchners Vorstellungen entsprach. So wurden seine radikalen antikapitalistischen Äußerungen im „Hessischen Landboten“ entfernt oder entschärft, um das Bürger- und Unternehmertum nicht für die Revolution zu verlieren. Hier sollte der erste entscheidende Fehler symbolisch begangen werden, der auch die tatsächliche Revolution von 1848 zum scheitern brachte. Büchner beugte sich am Ende der Mehrheitsmeinung – u.a. selbst Personen höheren Standes – und nickte ab.

Der Transport der Schrift zur geheimen Offenbacher Druckerei verlief nahtlos und es wurden etwa 1.200 Blätter gedruckt. Büchner und seine Mitstreiter teilten die Exemplare untereinander auf, um sie an verschiedenen Orten unters Volk zu bringen. Früh gibt es Probleme: ein Freund Büchners wird am Gießener Stadttor mit etwa 100 Exemplaren von den Wachen festgenommen. Promt folgten weitere Repressionen, u.a. die Durchsuchung von Büchners Wohnung, die allerdings keine Erfolge brachte. Im Gegenteil, Büchner war sogar in der Lage, die vermeintlich unberechtigte Hausdurchsuchung vor Gericht durchzuklagen. Dies änderte aber nichts daran, daß er weiterhin unter klarem Tatverdacht des Hochverrates stand.

Von nun an wusste er, daß man ein Auge auf ihn warf, dennoch plante er weiter Aktionen. Der „Hessische Landbote“ erfährt eine zweite überarbeitete Auflage, die vom Büchnerkreis in den Druck gebracht wurde. Zwar vertrieb sich das Blatt gut, doch die vom Kreis erhoffte Revolte blieb aus. Die Zeit der Erhebung war noch nicht gekommen. Der Büchnerkreis wurde verhaftet, Büchner selbst mehrmals gerichtlich vorgeladen, blieb aber auf freiem Fuß. Er flieht nach Straßburg. Dort verfasste er 1835 in seiner passiven Zeit das bekannte politische Drama „Dantons Tod“, eine Doktorarbeit über das Nervensystem eines Fisches, eine Novelle sowie zwei weitere Dramen namens „Woyzeck“ und „Leonce und Lena“.

Seinen Kreis ereilte ein gemischtes Schicksal. Büchners Freund Weidig wurde nach 2 Jahren Haft mit aufgeschnittenen Fuß- und Handgelenken sowie einer aufgeschlitzen Kehle in einer Zelle aufgefunden. Einige andere ehemalige Mitglieder wanderten aus Hessen aus.

Büchner, der durch den „Hessischen Landboten“ unsterblich wurde, sollte die Revolution 1848 nicht mehr erleben. Im Alter von 23 erkrankte er tötlich an Typhus.

3 Antworten zu “Georg Büchner – Vorbild für uns

  1. Block Identität April 14, 2011 um 1:31 pm

    Schöner Text und interessante Persönlichkeit, leider kommen Personen früherer Freiheitskämpfe mittlerweile viel zu kurz, höchstens Personen die im NS noch Zustimmung bekamen – wie Schlageter – werden mit einbezogen vom NW.

    Ich werd den Text übernehmen, natürlich mit entsprechenden Verweisen, sollte man damit ein Problem haben bitte frühzeitig melden.

    Beste Grüße

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