Arbeitertum
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Kurt Pätzold im Abseits. Fair Play nach Art der Jungen Welt
Mai 26, 2011
Verfasst von - Auf der Seite der jW findet sich der bezeichnende Artikel „Krieg ohne Beispiel. Die Deutschen und der 22. Juni 1941“. Bezeichnend war nicht das eigentliche Hauptthema (friedliebende Sowjetunion dachte niemals an einen Sturm auf die Nachbarstaaten, wird nun angegriffen, verliert dabei die zufällig in Grenznähe stationierten Offensivstreitkräfte, Ukrainer und Balten sind entsetzt, heldenhafte Rotarmisten kämpfen aus Sowjetpatriotismus und ohne die Knarre des Kommissars im Genick etc. pp.), sondern der einleitende Aufhänger:
„In den frühen Nachmittagsstunden des 22.Juni 1941 füllte sich das weite Rund des Olympiastadions, jener riesigen 100000 Zuschauer fassenden Sportstätte im Berliner Westen, die mit dem Blick auf die Olympischen Spiele des Jahres 1936 errichtet worden war. Um 15 Uhr begann dort das Endspiel um die deutsche Fußballmeisterschaft. Gegeneinander traten die Mannschaften von Schalke 04 und von Rapid Wien an. Der Verlauf des Wettkampfes erscheint aus dem Rückblick wie ein Menetekel dessen, was sich in den folgenden Jahren an der Ostfront ereignen sollte, wo die Deutschen [sic!] anfänglich als die sicheren Sieger auftraten. Schalke führte lange mit drei Toren.“
So schwafelt der Autor Kurt Pätzold, der unglaublicherweise in einem deutschen Staat Professor für Deutsche Geschichte werden konnte.
[Rückblick] Was in der letzten Folge vom Deutschen Reich geschah: Der böse Deutsche Adolf Hitler hat die armen Österreicher brutal überfallen (mit einem ‚master of intercultural communications‘ hätte er dieses fremde Volk vielleicht verstanden und in Ruhe gelassen)! Nach dieser Vergewaltigung des freiheitlichen Selbstbestimmungsrechts der Österreicher (sprich: die westlichen Demokratien wurden nicht vorher gefragt) entwickelten die Einheimischen ein unerklärliches Stockholm-Syndrom, vergaßen ihre nicht-deutsche Nationalität und standen jubelnd auf der Straße. Seltsam, aber so steht’s geschrieben…
Es soll nun einmal kurz skizziert werden, was Kurt Pätzold, dieser Held der Geschichtswissenschaft, bei seiner kruden Betrachtung der deutschösterreichischen Geschichte allgemein irgendwie übersehen hat:
Am Anfang war die lanweilige Stellung Österreichs im Heiliges römisches Reich deutscher Nation und dem darauf folgenden Deutschen Bund, aber das waren ja eh nur ein paar Jahre. Auch nicht aussagekräftig war freilich, dass die Deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848 zunächst im Sinne der bevorzugten großdeutschen Lösung den Erzherzog Johann von Österreich zum Deutschen Reichsverweser wählte.
Vom 12. November 1918, als die Provisorische Nationalversammlung der *tadadada* „Republik Deutsch-Österreich“ beschloss, ein Teil der gesamtdeutschen Republik zu sein, weiß Herr Pätzold sicher zu berichten, dass die Abgeordneten da den Entwurf nur grob überflogen haben (die als „Kommunistische Partei Deutsch-Österreichs“ gegründete KPÖ wird sich hierbei einfach einen proletarischen Jux erlaubt haben). Und bei den gesonderten Abstimmungen von 1921 in Tirol (Ja zum Anschluss 98,8%) und Salzburg (Ja zum Anschluss 99,3 %) haben bestimmt keine Arbeiter und Bauern teilgenommen.
Aber Pätzold ist auch unbelehrbar, wenn die Wahrheit von Kommunisten ausgesprochen wird, wie etwa von Ernst Thälmann, der für die „deutsche Bauernbevölkerung“ Südtirols kämpfte, und wie von Rosa Luxemburg, die ihm wieder folgende Worte aus der Junius-Broschüre ins Stammbuch schreiben würde:
„Was die Selbstbestimmung des deutschen Volkes bedeutet, was sie will, das haben die Demokraten von 1848, das haben die Vorkämpfer des deutschen Proletariats, Marx, Engels und Lassalle, Bebel und Liebknecht verkündet und verfochten: Es ist die einige großdeutsche Republik. Um dieses Ideal haben die Märzkämpfer in Wien und Berlin auf den Barrikaden ihr Herzblut verspritzt“
Zum Vergleich kann man das Saarland heranziehen. Dieses wurde 1957 nach einer Volksabstimmung wieder Teil des deutschen Bundesstaates. Hätten die Franzosen als Siegermacht diese Abstimmung einfach verboten, dann hätte der Qualitätshistoriker Pätzold eben messerscharf kombiniert, dass die Saarmenschen niemals nicht zum deutschen Volk gehörten, sondern auf offenkundigste Art und Weise eine eigenständige Nationalität bilden, und ihr Land lediglich von 1935 bis 1945 von den fiesen Deutschen besetzt wurde. Somit hätte Pätzold quasi im Vorbeigehen bewiesen, dass sein oberster Chef, der Genosse Erich Honecker (geboren in Neunkirchen), ein waschechter Franzose war!
Zusammengefasst: Kurt Pätzold, der stets gegen Geschichtsrevisionismus wettert, schreibt hier einfach die Geschichte des Alpen-Donau-Raums vom Standpunkt 1945 rückwirkend um (Pätzold wurde ironischerweise 1930 in Breslau geboren, in der Logik seines Argumentes ist er daher polnischer Migrant und hat sich ohnehin nicht in die innerdeutsche Angelegenheit Preußen-Österreich einzumischen!).
Nach meinem Dafürhalten als Deutscher und Sozialist könnte Rapid Wien durchaus wieder deutscher Meister werden, was übrigens dann doch zum Konflikt mit einem Ostmärker in unserem Autorenkollektiv führte, der Rapid echt nicht ausstehen kann. Nun denn, man nenne mir eine andere österreichische Mannschaft, die mehr Widerstand leisten kann als Duisburg.
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