Arbeitertum
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Das Märchen vom Jobwunder
November 10, 2010
Verfasst von - Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ließ es sich nicht nehmen mit einer alten Gepflogenheit zu brechen, indem sie selbst die neuesten Arbeitslosenzahlen vor versammelter Presse verkündet. Diese Aufgabe fiel bislang der Bundesagentur für Arbeit zu. Deutschland stehe vor einem neuen Jobwunder, da die Zahl der Arbeitslosen auf unter 3 Millionen gefallen sei, so „niedrig“ sei die Arbeitslosenrate in Deutschland seit dem Jahr 1992 nicht mehr gewesen. Diese Behauptung der Bundesregierung machte aber gar das Staatsfernsehen skeptisch. In der ARD bekam der geneigte Zuseher aufgezeigt, dass diverse statistische Tricks und Verfälschungen die realen Arbeitslosenzahlen manipulieren. In Wahrheit seien mindestens 4,5 Millionen Menschen in der Bundesrepublik ohne Beschäftigung.
Zum einem drückt die negative demographische Entwicklung die Arbeitslosenzahlen nach unten, ohne dass real gesehen neue Arbeitsplätze entstehen. So wurden im letzten Jahr nicht, wie von der Leyen behauptete, hundertausende neue Arbeitsplätze geschaffen, in Wahrheit wurden mindestens 150.000 Arbeitsplätze vernichtet. Nicht mehr in die Arbeitslosenstatistik einbezogen werden Arbeitssuchende über 58 Jahre, sogenannte 1-Euo-Jobber, Arbeitslose die sich in Fortbildungsmaßnahmen befinden, sowie „Unvermittelbare“, also Personen, die wie die Bundesregierung offen verkündet, für den kapitalistischen Arbeitsprozess nicht mehr benötigt werden.
Zahlreiche Arbeitslose melden sich bei der Bundesagentur desweiteren erst aus Scham gar nicht erst als arbeitslos, sodass die wahre Anzahl der Arbeitssuchenden wohl noch weit über der von der ARD genannten Zahl von 4,5 Millionen liegen dürfte. Zugute kommt der Bundesregierung zudem der Aufschwung der Weltwirtschaft, der vor allem aufstrebenden asiatischen Volkswirtschaften geschuldet ist. Auf diesem Polster lässt es sich derzeit wohl gut ausruhen, obwohl man selbst nichts hierzu beigetragen hat. Die linke Tageszeitung „Junge Welt“ schrieb hierzu: „Allerdings beruhen diese Angaben auf Manipulation der Statistik: Wer mindestens 15 Stunden pro Woche Arbeit hat, gilt seit geraumer Zeit nicht mehr als arbeitslos. ALG-I-Bezieher über 58 Jahren werden ebenso wenig berücksichtigt wie Ein-Euro-Jobber sowie Menschen in Weiterbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen. 4,2 Millionen Menschen haben eine Arbeit, die nicht zum Leben reicht. Noch im Juni hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, daß 8,6 Millionen Menschen eine Arbeit suchen.“
Aber selbst wer heute in Lohn und Beschäftigung ist, hat vielerorts nicht viel zu lachen. Lohndumping, Zeitarbeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse stehen heute auf der Tagesordnung. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse werden massivst von der Bundesregierung gefördert, ganz nach dem perversen neoliberalen Wahlkampfslogan: „Sozial ist was Arbeit schafft!“ Selbst die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes lehnt die Bundesregierung vehement ab, obwohl dieser in zahlreichen europäischen Nachbarländern zum Alltag gehört. Genau für diese Verhältnisse in der sozialen Krise der Unter- und Mittelschichten lässt sich aber von der Leyen und die Bundesregierung feiern. Auch in Bayern bejubelt die arg angeschlagene CSU um Horst Seehofer ein bayrisches „Jobwunder“. Der Freistaat sei mit einer Arbeitslosenquote von unter 4 Prozent in Deutschland „spitze“ und wieder einmal ein angebliches Vorbild für den Rest der Republik. Dass aber gerade in Bayern massiv Arbeitsplätze verloren gingen, während man die Banken und Finanzindustrie massiv förderte, dies geht auch immer mehr Bayern auf. So zeigen die Umfragewerte der CSU und der FDP in Bayern kontinuierlich nach unten, daran konnte auch Seehofers unglaubwürdiger Opportunismus nicht viel ändern.
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