Arbeitertum

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Karl Otto Paetel – ein deutscher Nationalbolschewist!

Ein deutscher Nationalbolschewist, der am 23. November 2006 100 Jahre alt geworden wäre.

„Wo wir stehen? Überall da, wo die roten Fahnen der sozialistischen Revolution und die schwarzen Fahnen der deutschen Befreiung aufgepflanzt werden! Wir sind nicht ‚rechts‘ und nicht ‚links‘. Jeder gehört zu uns, von beiden Flügeln her, dem es um Deutschland und den Sozialismus geht.“
(Standortbestimmung vom 1. August 1930)

Der erst groß nach dem Zweiten Weltkrieg als Verfasser von Arbeiten über Ernst Jünger und die Jugendbewegung bekannt gewordene Karl Otto Paetel (KOP) wurde am 23. November 1906 in Berlin geboren. Bereits als Schüler betätigte er sich aktiv in der Bündischen Jugend, wichtigste politische Einflüsse sind zunächst der Indologe Professor Hauer, Ernst Jüngers Soldatischer Nationalismus und die Bündische Jugend, wo er ein „volkliches Gemeinschaftsgefühl“ kennen gelernt hatte zu nennen. Als Student der Germanistik, Geschichte und der Philosophie schloss er sich 1926 der Deutschen Freischar an, einem Versuch, die Gruppen der gegen das westlich-materialistische Weimarer System revoltierenden Bündischen Jugend zu sammeln. Ab 1927 arbeitete der verkrachte Student beim “Deutschen Tageblatt”, einem Organ der Deutschvölkischen Freiheitspartei. Mit dieser bürgerlich-rechten Gruppe kam es sehr bald zum Bruch.

Eine Möglichkeit zur Verwirklichung seiner Ziele sah er in der Altsozialdemokratischen Partei ASP, die sich 1926 von der SPD getrennt hatte. Unter dem Einfluss von Männern wie August Winnig, Friedrich Hielscher und Ernst Niekisch hatte die ASP sich zum Ziel gesetzt, die unzufriedene Arbeiterschaft durch soziale, wirtschaftliche und politische Reformen für den deutschen Staat zu gewinnen, auf dass Deutschland unter Führung der Arbeiter die Ketten des Liberalismus und des Versailler Diktats zerbreche. Dem altsozialdemokratischen Intermezzo fiel ebenfalls das ehrgeizige Projekt zum Opfer. Ernüchtert und Enttäuscht von jeglichen Illusionen über die politischen Absichten der Deutschvölkischen und Deutschnationalen kuriert, übernahm KOP im Oktober 1928 aus der Hand eines Berliner ASP-Kameraden die Chefredaktion der Zeitschrift “Das Junge Volk” in Plauen. Zu dieser Zeit vollzog sich ein Gärungsprozess in den Reihen der Bündischen Jugend. Die Fragestellung innerhalb der zerstrittenen Bünde hieß nicht mehr “Nation oder Sozialismus”, sondern “Nation und Sozialismus”. Diese Synthese sollte durch die “Neue Front” der von gefühlsmäßigem Antikapitalismus und unklaren Sozialismusbegriffen erfassten Jugendverbände geschaffen werden. Karl Otto Paetel und andere wie Hans Ebeling oder Ernst Jüngers Juniorpartner Werner Lass schlugen einen bewusst “nationalbolschewistischen” Kurs ein. Da die Tätigkeit als Chefredakteur ihn nicht zufrieden stellte, legte er diese im Frühjahr 1929 nieder. Publizistisch blieb er mit Aufsätzen im “Jungen Kämpfer”, der Herausgabe der “Jungpolitischen Rundbriefe” und natürlich durch weitere Mitarbeit im “Jungen Volk” aktiv. Wie unter den Weimarer Nationalrevolutionären üblich, widmete sich auch KOP dem Aufbau eines Zirkels, des Arbeitsringes Junge Front. Der in Berlin-Charlottenburg ansässige Arbeitsring ging davon aus, dass ohne die soziale Befreiung der werktätigen Massen die Freiheit der Nation undenkbar sei. Durch die soziale Befreiung sollten die Proletarier in die Volksgemeinschaft eingegliedert werden, also bejahte die Gruppe den Klassenkampf der Arbeit gegen das Kapital. Im Gegensatz zu den meisten anderen NR-Gruppen zeigten Paetels Kameraden ein reges Interesse an ideologischer Untermauerung ihrer Ansichten und formierten die Fachgruppen Nationale Fragen, Sozialismus, Kapitalismus und Imperialismus.

An den teilweise gut besuchten Veranstaltungen des Arbeitsringes beteiligten sich auch Vertreter des kommunistischen Jugendverbandes KVJD und der HJ. Auf einer dieser Veranstaltungen, am 4. Juli 1929, propagierte er die Bildung der antikapitalistischen Jugendfront und den Nichtangriffspakt aller antikapitalistisch orientierten Organisationen von KVJD bis HJ. Allerdings erschienen die eingeladenen Kommunisten nicht, und die Nationalsozialisten verließen den Saal.

Am 1. Oktober 1929 legte “Das Junge Volk” eine aufsehenerregende Skandalnummer nach. Lauthals verkündete es: “Wir wollen die Zusammenarbeit der nationalistischen Aktivisten, die sozialistisch sind um der Nation willen, mit den Aktivisten, die sozialistisch sind um des Proletariats willen.” Rolf Becker verlangte den bewaffneten Klassenkampf und forderte den Bürgerkrieg nach bolschewistischem Beispiel, um die Internationale des Nationalismus und des Sozialismus zu schaffen. In der gleichen Ausgabe erschien ein dem in Schleswig-Holstein agitierenden NS-Linksaußen Bodo Uhse verfasstes Alternativprogramm für die NSDAP. “Die NSDAP ist eine nationalistische Partei. Ihr Ziel ist die Freie Deutsche Nation. Die NSDAP ist eine sozialistische Partei. Sie weiß, dass die Freie Deutsche Nation erst durch die Befreiung der werktätigen Massen Deutschlands von jeder Form der Ausbeutung und Unterdrückung erstehen kann. Die NSDAP ist eine Arbeiterpartei. Sie bekennt sich zum Klassenkampf der Schaffenden gegen die Schmarotzer aller Rassen und Bekenntnisse.” Konkrete Forderungen waren Bildung des Großdeutschen Reiches, Annullierung aller außenpolitischen Verpflichtungen und Verträge der Weimarer Republik, Rätesystem auf Betriebsebene, Zerschlagung von Parlamentarismus und Parteienstaat, Verstaatlichung aller Wirtschaftsmittel, Enteignung des Mittel- und Großgrundbesitzes sowie Bildungs- und Sozialreformen zugunsten der armen Bevölkerungsschichten. Ende 1929 wurde auch die Kommunistische Internationale auf die Gruppe um KOP aufmerksam. In der deutschsprachigen “Moskauer Rundschau” konstatierte, die nationalrevolutionäre Rechte habe sich zusehends den sozialistischen Vorstellungen der KPD angenähert.

Am 3. Januar 1930 trat das publizistische Schaffen Karl O. Paetels in ein neues Stadium. An diesem Tag übernahmen mit Ernst Jünger und Werner Lass zwei der wohl profiliertesten Nationalrevolutionäre die Herausgeberschaft der Zeitschrift „Die Kommenden“ und delegierten die Chefredaktion an Karl Otto Paetel. Das Mitte der 20er Jahre entstandene Blatt sah sich als überbündisches Sprachrohr der Jugendbewegung. Er zog am 28. März 1930 zufrieden seine Zwischenbilanz: Die Trennung zwischen nationaler Spießertum und revolutionärem Nationalismus zeige sich immer deutlicher. Offen erklärte er die nationale Spießertum zum Hauptfeind der Nationalrevolutionäre.

Mittlerweile schienen sich bei KOP die ersten Zweifel eingeschlichen haben, ob Otto Strasser wirklich der richtige Partner war. Am Pfingstwochenende 1930 hob er zusammen mit den Weggefährten des Arbeitsringes und den Überresten des Hamburger Bundes der Kommunisten die Gruppe Sozialrevolutionärer Nationalisten (GSRN) aus der Taufe. Zur gleichen Zeit wurde Otto Strasser von Hitler und Goebbels ausmanövriert und aus der NSDAP herausgedrängt. Dem bekannten Aufruf “Die Sozialisten verlassen die NSDAP” zum Trotz trennte sich nur eine Minderheit der NS-Linken als Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten (KGRNS) von der Mutterpartei – die meisten Gesinnungsgenossen der Sezessionisten verblieben innerhalb der Partei, wo sie auch weiterhin wichtige Funktionen bekleideten. Die Machtfrage wurde im Sommer 1934 von Hitler gestellt und mit der “Nacht der langen Messer” beantwortet. Am 25. August 1930 veröffentlichte die KPD ihr nicht zuletzt auf die Initiative Heinz Neumanns zurückzuführendes “Programm zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes”. Die Kommunisten rückten zunehmend nationale Belange in den Vordergrund, um der NSDAP den nationalistischen Schneid abzukaufen und sie zugleich als scheinsozialistisch zu entlarven.

Anfang Januar 1931 beginnt er die Herausgabe der Zeitschrift “Die sozialistische Nation” als neues Sprachrohr der GSRN. Nachdem die KPD ihn und Strasser am 6. Januar 1931 auf eine Versammlung eingeladen hatte und em GSRN-Leiter im Gegensatz zu letzterem einen freundlichen Empfang bereitete, erschien im Februar eine deutliche Ausgabe der “Sozialistischen Nation”. KOP propagierte den “Volkskampf” gegen den prokapitalistischen und reaktionären Faschismus, beharrte aber auf der ideologischen Unabhängigkeit der Nationalbolschewisten. Im Frühjahr 1931 griff die GSRN auch erstmals wieder in die internen Machtkämpfe innerhalb der NSDAP ein. Offenbar hatte die Gruppe ihre Hände bei den bis heute nicht geklärten Vorgängen um die sogenannte 2. Stennes-Revolte der SA gegen die Münchener Reichsleitung im Spiel. In jedem Fall trat er in Verhandlungen mit SA-Rebellen ein, um sie zur Zusammenarbeit mit dem Kampfbund gegen den Faschismus zu überreden.

Ab Ende 1931 arbeitete die Gruppe eng mit dem um die Zeitschrift “Der Gegner” entstehenden Kreis Harro Schulze-Boysens zusammen. Im Januar organisierte er eine nationalbolschewistische Konferenz, an der Persönlichkeiten wie Ernst Niekisch vom “Widerstand”, Werner Lass vom “Umsturz”, Alexander Graf Stenbock-Fermor vom “Aufbruch” oder Bodo Uhse von den kommunistischen Bauernkomitees teilnahmen. Die weitere Hinwendung zur KPD wurde auch durch die vor den Reichspräsidentschaftswahlen vom Frühjahr 1932 ausgesprochene Empfehlung für den Kandidaten Ernst Thälmann
dokumentiert.

Die Zeichen der Zeit wurden von der GSRN schon ab Spätherbst 1932 erkannt. Die Umstellung auf Doppelmitgliedschaften und Unterwanderung war ein erstes Signal der Vorbereitung auf den Hitlerismus. Neben der GSRN stellten sich nur die Kommunisten bereits auf eine Phase illegaler Tätigkeit um. Nach einer vorübergehenden Verhaftung im Januar 1935 setzte Karl O. Paetel sich auf der Stelle in die Tschechoslowakei ab, wo sich Prag zu einem Zentrum nationalrevolutionärer Exilanten entwickelt hatte. Die Reste der GSRN führten die Zusammenarbeit mit Harro Schulze-Boysens “Gegner”-Kreis weiter, mit dessen Hilfe er sich im Sommer 1935 nach einem illegalen Aufenthalt in Deutschland nach Skandinavien absetzen konnte. Auf deutschen Druck (nach Veröffentlichung eines Aufrufes zur Unterstützung der spanischen Volksfront) aus Schweden ausgewiesen, reiste der nationalrevolutionäre Emigrant im Oktober 1936 via Polen erneut nach Prag, um Anfang 1937 eine Aufenthaltsgenehmigung für Frankreich zu erhalten. Hier arbeitete er an Willi Münzenbergs “Deutschem Freiheitssender” mit. Von Stockholm, Paris und Brüssel aus gaben er und seine Mitarbeiter als Auslandsbüro der GSRN nun die “Blätter der sozialistischen Nation. Rundbriefe für sozialistische und nationalsozialistische deutsche Politik” heraus.

Im April 1939 entzog das Reichsinnenministerium ihm die deutsche Staatsangehörigkeit, und kurz darauf wird er als Hochverräter zum Tode verurteilt. Nachdem die Wehrmacht im Sommer 1940 Westeuropa überrannt hatte, übergab die Reichsregierung den französischen Behörden eine Auslieferungsliste mit gefährlichen Regimegegnern. Unter den 101 Namen stand Otto Strasser an 1. Stelle, er bekleidete immerhin den 5. Rang. Über Spanien und Portugal gelang dem Gesuchten wie seinem Rivalen Strasser die Flucht nach Nordamerika, wo er 1943 seine Verlobte Elisabeth Zerner heiratet.

Bevor er sich endgültig von der politischen Bühne verabschiedete, erfolgte nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches ein neuer Versuch, den Traum von einer “Dritten Front” der Jugend zu verwirklichen. Im November 1947 trafen im Haus Altenberg bei Köln die Vertreter von Jugendverbänden aus allen Teilen des besetzten und zerstückelten Deutschland zusammen, um die Möglichkeit einer interzonalen Zusammenarbeit zu besprechen. Heinz Gruber als Paetels Vertreter versuchte vergebens, die sich öffnenden Gräben zwischen den kirchlichen und sozialdemokratischen Jugendverbänden einerseits und der durch Erich Honecker vertretenen FDJ andererseits zu überbrücken. Er ist Herausgeber der Monatszeitschrift “Deutsche Gegenwart” in den Vereinigten Staaten. Sein journalistisches Thema in diesen Jahren ist eine Biographie über Ernst Jünger. 1952 nimmt der immer noch staatenlose Karl Otto Paetel die amerikanische Staatsbürgerschaft an und gründet das Deutsche Journalistische Forum in den USA. Auch nach dem Scheitern der Konferenz setzten sich Paetel, Gruber und Grosse weiterhin für die Schaffung eines deutschen Europäertums zwischen dem kapitalistischen Westen und dem stalinistischen Osten ein.

Ein letztes Aufbäumen vor dem endgültigen Verzicht auf die Ziele eines 30jährigen Kampfes war die Konferenz auf Burg Ludwigstein vom Januar 1954. Hier trafen Veteranen aus Bündischer Jugend, Nationalsozialismus und Widerstand zusammen und beschlossen ein gemeinsames Engagement im neutralistischen Widerstand gegen die Wiederaufrüstung und Westintegration der separatistischen BRD. Mit dem Parteiverbot gegen die KPD und der systematischen Kriminalisierung außerparlamentarischer Bewegungen durch das reaktionäre Adenauer-Regime scheiterte auch dieser letzte Versuch, ein unabhängiges und sozialistisches Deutschland zu schaffen. Sein bekanntestes Buch “Versuchung oder Chance? Zur Geschichte des deutschen Nationalbolschewismus” veröffentlicht er 1965 und schließlich am 4. Mai 1975 stirbt er New York und 1982 erscheint in der Bundesrepublik Deutschland erscheint seine Autobiographie “Reise ohne Uhrzeit”, eine Untersuchung zur Entstehung der NS-Diktatur und zu seinen eigenen Irrwegen als “Außenseiter zwischen den politischen Fronten”.

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